Schulprogramm
Deutsch – Schreiben
Die Schülerinnen und Schüler sollen die grundlegende Erfahrung machen, dass Schreiben sinnvoll, bedeutsam und bereichernd ist. Daher muss von Beginn der Schulzeit an eine Lese-Schreib-Kultur aufgebaut werden.
„Die Schülerinnen und Schüler erfahren, dass sich durch Schreiben zusätzliche sprachliche Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Informationen und Erfahrungen können festgehalten, Gedanken und Gefühle sprachlich gestaltet werden. Schreiben ermöglicht es, Entfernungen zwischen Kommunikationspartnern zu überwinden (…) sowie Erfahrungen und Beziehungen gedanklich zu klären.“
„Grundlage für erfolgreiches Schreibenlernen ist die phonologische Bewusstheit, d.h.
- die Einsicht in die Lautstruktur der Sprache,
- in die Laut-Buchstaben-Entsprechung der Alphabetschrift,
- die Fähigkeit, ein Wort auf seine Lautbestandteile hin abzuhören.“
Außerdem müssen grundlegende Voraussetzungen im Bereich der visuellen Wahrnehmung und der Motorik gegeben sein. Im Hinblick auf diese Fähigkeiten müssen die Kinder beobachtet und gegebenenfalls gefördert werden.
„Im Schriftspracherwerb unterstützen sich Lesen und Schreiben gegenseitig. Ausgangsschrift für das Lesen und Schreiben ist die Druckschrift. Im Zuge der Verflüssigung des Schreibverlaufs (….) entwickeln die Schülerinnen und Schüler aus der Druckschrift eine gut lesbare verbundene Handschrift.“
„Das Schreiben und Rechtschreiben lernen die Kinder in einem aktiven, durch Beispiel, Reflexion und Anleitung unterstützten Prozess. Auf der Grundlage der Laut-Buchstaben-Zuordnung erwerben sie Einsichten in die Besonderheiten der deutschen Rechtschreibung. Durch den vielfältigen Umgang mit Wörtern durch Vergleichen, Nachschlagen (Wörterbücher) und Anwenden von Regeln erwerben sie Rechtschreibstrategien (…) und entwickeln über verschiedene Arbeitstechniken ein Rechtschreibgespür. (…)
UMSETZUNG
KONZEPT SCHREIBEN LERNEN UND RECHTSCHREIBEN
Um den Kindern das Schreiben und Rechtschreiben, wie es die Lehrpläne fordern in einem eigenaktiven, durch Anleitung unterstützten Prozess zu ermöglichen, haben wir beschlossen, den Schriftspracherwerb und den Erwerb grundlegender Rechtschreibkompetenzen an den Konzepten „Richtig schreiben lernen – von Anfang an“ und „Die Rechtschreibwerkstatt“ von Norbert Sommer –Stumpenhorst zu orientieren.
Diese Konzepte basieren auf der wissenschaftlich fundierten Theorie, dass Lernen generell, und speziell das schriftsprachliche Lernen, nicht als additives Anhäufen von Informationen im Gedächtnis zu verstehen ist. Vielmehr arbeitet das menschliche Gehirn unendlich ökonomischer, indem es auf der Basis bereits vorhandenen Wissens aus neuen Informationen stets das Gemeinsame, Regelhafte herausfiltert und daraus Konstruktionsprinzipien ableitet. Diese sind beim Schreibanfänger noch vorläufig und in stetiger Entwicklung begriffen. Daher spricht Sommer-Stumpenhorst mit Bedacht nicht von Fehlern, sondern von „Privatschreibungen“, die sich bei einem ungestörten Lernprozess im Laufe des Schriftspracherwerbs immer mehr der Normschreibung annähern.
Diese lernpsychologische Grundannahme hat gravierende Konsequenzen für den schulischen Vermittlungsprozess des Lesens und Schreibens: die Abkehr von der in der Schulpraxis immer noch vorherrschenden Wortbild-Theorie, von der Fehlervermeidungsstrategie und von der gängigen Diktatpraxis.
Auch den neueren sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen wird das Konzept laut Sommer-Stumpenhorst gerecht: Er veranschaulicht die Rechtschreibung als ein bis in die Ausnahmeschreibungen nachvollziehbares Ordnungssystem, das sich nach denselben Entwicklungsstufen aufbaut, die sich auch bei der historischen Entwicklung der Schriftsprache, bei der individuellen Entwicklung des Sprechens und auch auf neuropsychologischer Ebene im Gehirn wieder finden lassen: Immer geht die Entwicklung von der Lautebene über die Wortebene zur Kontextebene voran.
So schafft das Konzept Ordnung in den Köpfen der Lehrenden wie auch dank des Veranschaulichungsmittels „Rechtschreibwerkstatt“ – in den Köpfen der Lernenden: Das scheinbar komplexe und widersprüchliche Gebiet der Rechtschreibung wird zu einem überschaubaren, begehbaren Lernraum:
Nur 12 Prinzipien, denen 12 Räume in der Rechtschreibwerkstatt entsprechen, haben die Kinder nacheinander zu verinnerlichen, wobei strikt darauf geachtet wird, dass die Entwicklungslogik der Schriftsprache und des Lernens eingehalten werden. Dies sind nach Sommer-Stumpenhorst die zentralen Bedingungen für ein Gelingen des Schriftspracherwerbs:
- Eine konsequente Zielorientierung: der Schüler muss wissen, wo er momentan steht und wohin er gelangen will,
- Eine unverzügliche und häufige Erfolgsrückmeldung: der Schüler muss erfahren, dass sich seine Bemühung lohnt,
- Ein individuelles Lerntempo: der Schüler selbst, nicht der Lehrer, bestimmt Inhalte und Tempo der notwendigen Differenzierung,
- Eine veränderte Lehrerrolle: die Lehrkraft versteht sich weniger als Belehrender und Kontrollierender, vielmehr als fachkundiger Begleiter, der die Schülerinnen und Schüler zu eigenverantwortlichem und selbstständigem Lernen anleitet, ermutigt und durch die Vermittlung effizienter Methoden und die Bereitstellung geeigneter Materialien unterstützt.
Sind diese Bedingungen im Unterricht annähernd erfüllt, dann ist dies nach Sommer-Stumpenhorst eine gute Basis für das wachsende Interesse am Lerngegenstand, d.h. für die Entwicklung einer Lernmotivation der meisten Schüler.
EINFÜHRUNG DES KONZEPTES IN DER EINGANGSSTUFE
Das Konzept haben wir im Schuljahr 05/06 in der Eingangsstufe eingeführt und im Hinblick auf die Arbeit in jahrgangsgemischten Gruppen als besonders geeignet angesehen. Die Kinder erarbeiten sich mit Hilfe des Hör-, Schreib-, und Sehpasses alle Buchstaben individuell anhand von Grundübungen, mit regelmäßig wiederkehrenden Arbeitsformen und Arbeitsabläufen. Die Übungsmaterialien werden den Bereichen
- Buchstaben schreiben
- Laute heraushören und
- Zeichen unterscheiden zugeordnet.
In „Buchstabenschubladen“ wird den Kindern die gesamte Breite der Übungen zu allen Buchstaben übersichtlich und strukturiert zur Verfügung gestellt. Viele Übungsmaterialien wurden laminiert, um sie mit Folienstiften beschreibbar und wieder verwendbar zu machen. Um das eigenverantwortliche Lernen der Kinder zu fördern, bieten fast alle Aufgaben die Möglichkeit der Selbstkontrolle. Das Lern- und Übungsmaterial zeichnet sich durch hohe Variabilität bei gleichzeitigem sparsamem Methodenangebot aus.
Die Kinder wählen selbst aus, welchen Buchstaben sie bearbeiten und können, nach Beratung durch die Lehrerin, auch für sie wenig effektive Übungen überspringen.
Unterschiedliche Vorkenntnisse im Bereich Lesen und Schreiben, sowie das individuelle Lern- und Arbeitstempo der Kinder haben zur Folge, dass sie die Hör-, Schreib- und Sehübungen zu sehr unterschiedlichen Zeiten abschließen. Entsprechend ihres jeweiligen Lernstandes beginnen sie zu unterschiedlichem Zeitpunkt mit weiterführenden Übungen zum Lesen lernen und zum Erlernen der orthografisch richtigen Schreibweise.
Kinder, welche den Buchstabenpass abgeschlossen und das Lesen erlernt haben, erhalten den von Sommer-Stumpenhorst entwickelten Modellwortschatz und greifen die von ihm beschriebenen Übungsvorschläge auf. Zu den Standardübungen mit dem Modellwortschatz gehören das Lesen und Abschreiben der Wörter, das Partnerdiktat, sowie vielfältige Such- und Sortieraufgaben. An Abschreibtexten üben die Kinder das richtige Abschreiben mit einer sinnvollen Abschreibtechnik, sowie das Selbstdiktat. Auch die Abschreibtexte stehen als aufeinander aufbauende Karteien mit steigendem Schwierigkeitsgrad für mehrere Schuljahre zur Verfügung.
Für alle Kinder der jahrgangsübergreifenden Klasse 1/2 bieten die genannten Materialien in den verschiedenen Bereichen zahlreiche Übungsmöglichkeiten auf unterschiedlichem Niveau. Daher können zukünftig in den Übungsphasen die Kinder gemeinsam mit denselben oder ähnlichen Materialien arbeiten. Kinder des zweiten Schulbesuchsjahres, die bereits über die entsprechende Methodenkompetenz verfügen, können die Schulanfänger als Helfer unterstützen. Da die Materialien nicht nach Jahrgängen getrennt sind, hat jedes Kind die Möglichkeit, auf eigenem Niveau selbstständig und eigenverantwortlich zu arbeiten und gemäß seines individuellen Arbeitstempos fortzuschreiten.
Parallel zur Arbeit mit dem Buchstabenpass wird durch das lautorientierte Verschriftlichen den Schulanfängern schon früh ermöglicht, eigene Texte zu schreiben. Mit dem Anlautlineal steht den Kindern von Anfang an die gesamte Breite der Buchstaben und Laute zur Verfügung. Sie erlernen
- deutliches Sprechen,
- Heraushören der Lautbestandteile eines Wortes,
- Unterscheidung der Schriftzeichen und
- automatisiertes Schreiben der Druckschrift
und sie sind schon nach kurzer Zeit in der Lage, mit Hilfe des Anlautlineals Wörter selbstständig aufzuschreiben. Somit wird den Schülerinnen und Schülern schon früh das Schreiben eigener Texte im Rahmen von Unterrichtsprojekten ermöglicht. Dies ist auch im Hinblick auf die Jahrgangsmischung von großem Nutzen.
FORTFÜHRUNG DES KONZEPTES IN DEN KLASSEN 3 UND 4
Nach der Einführung dieses Rechtschreibkonzeptes in der Eingangsstufe erfolgte eine Fortführung in den Jahrgangsstufen 3 und 4, so dass die Kinder im weiteren Verlauf der Grundschulzeit nahtlos daran weiter arbeiten, bzw. darauf aufbauen können. Im Rahmen von pädagogischen Konferenzen wurde das nach unseren Vorstellungen zu umfangreiche Übungsmaterial etwas „abgespeckt“ und verbindliche Aufgabenschwerpunkte gesetzt.
WEITERENTWICKLUNG
- Software zum Konzept Sommer-Stumpenhorst
Alle Kinder lernen schreiben
oder
Kinder auf dem Weg zu einer lesbaren Handschrift richtig begleiten
In Zeiten der Nutzung von Computer- und Handytastatur bekommt das Handschriftliche eine andere Gewichtung als noch vor 30 Jahren. Allerdings sollte uns das Erlernen einer lesbaren und flüssig geschriebenen Handschrift auch heute noch am Herzen liegen.
Kinder begegnen schon früh Verschriftlichungen in ihrer Umgebung und beginnen bereits im Kindergartenalter ihre „Signatur“ oder erste Phantasiewörter unter ihre gemalten Bilder zu setzen. Hierbei kommt den begleitenden Erwachsenen (Eltern, Erziehern, Tageseltern) eine wichtige Rolle zu. Ermuntern Sie Ihr Kind zu Verschriftlichungen, korrigieren Sie behutsam, aber konsequent die Stifthaltung, nicht aber die Händigkeit! Mit spielerischen Kritzeleien wie „Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist das Mondgesicht“ können Sie positiv Schreibrichtungen (das ist die Richtung in der ein Buchstabe flüssig geschrieben wird) beeinflussen. Achten Sie darauf, dass gerade Striche von „oben“ nach „unten“ geführt werden und Kreise oder ovale Formen „links herum mit Schwung“ ausgeführt werden. Dies erleichtert ungemein die Flüssigkeit im Erwerb der Schrift. Eine Null, ein O oder die Kleinbuchstaben a,c,d,g, q beginnen mit dem sog.
„Linksschwung“.
Beim Erlernen des eigenen Namens sollte man bereits beim Kindergartenkind darauf achten, dass das Kind nicht nur die Buchstaben abmalt, sondern diese idealerweise in der richtigen Schreibrichtung vorgeschrieben werden. Lustiger und einprägsamer wird es mit kleinen Sprüchlein zum einzelnen Buchstaben.
Beispiele:
R : „gerader Strich nach unten, fliegen*, kleiner Bauch und Rutsche runter“
B : „gerader Strich nach unten, fliegen, kleiner Bauch, dicker Bauch“
T: gerader Strich nach unten, fliegen, Dach darauf
* mit fliegen ist das Absetzen des Stiftes und Aufsetzen an anderer Stelle im Schreibverlauf gemeint (sog. Luftsprung, vgl. Schreibschriftlehrgang)
Wichtig ist zu vermerken, dass es nicht darum gehen soll, dem Kindergartenkind bereits alle Buchstaben zu lehren, vielmehr sollte das Augenmerk darauf gelenkt werden, dass sowieso vollzogene Verschriftlichungen sich möglichst schreibrichtungsgenau festigen.
Denn….
Im Erwerb einer flüssigen Handschrift ist der richtungsgenaue Druckbuchstabe die Grundlage.
Wenn die Kinder in der Schule die Buchstaben lesen und schreiben lernen, sollte auch seitens der Eltern in diesem Prozess mit darauf geachtet werden, dass sowohl die Lineatur als auch die Schreibrichtung eingehalten wird. Werden die Details beachtet, erleichtert sich die Hinführung zur sog. verbundenen Schrift.
An der Gräfin-Imma-Schule erlernen alle Kinder im Anschluss an den Druckschriftlehrgang die sog. Vereinfachte Ausgangsschrift.
Hierbei handelt es sich um eine lateinische Schrift, die in ihrem Konzept seit 1972 in Deutschland gelehrt wird. Irreführend ist der Ausdruck „vereinfacht“; Grundlage der Schrift ist das sogenannte Baukastenprinzip. So können die Buchstaben wie Bausteine an einander gereiht werden. Die kleinen Buchstaben beginnen fast alle an der sog. Mittellinie der Lineatur und hören dort auch wieder auf. Wir sprechen bei den Verbindungen (Aufstrich) auch von „Anfassern“. Die Mittellinie markiert die sog. Haltepunkte.
Hier kommen wir auf die oben beschriebenen Schreibrichtungen zu sprechen. Wenn der Buchstabe in der vorgesehenen Richtung notiert wird, ist das „Auskommen“ an der Verbindungsstelle garantiert. Bei „abgemalten“ oder erfundenen Schreibschriftbuchstaben treten häufig Probleme im Schreibfluss auf.
Daher erklären wir zunächst den Kindern das Grundprinzip der Schreibschrift und erlernen gemeinsam die Buchstaben L, e, o,
um an diesen Buchstaben mögliche Stolperstellen sichtbar zu machen.
- Druckbuchstaben stehen aufrecht, Schreibschriftbuchstaben haben eine leichte Neigung. „Druckbuchstaben stehen, Schreibschriftbuchstaben gehen“
- Die Anfangsbuchstaben haben nicht immer einen „Anfasser“ und müssen durch „Naherücken der folgenden Buchstaben zum Wort gefügt werden.
- Auf Details ist penibel zu achten, um Verwechslungen zu vermeiden.
- Nicht alle Kleinbuchstaben beginnen direkt am Anfasser des Vorgängers. Durch einen kleinen Luftsprung auf der Mittellinie schaffen wir uns Platz für den Linksschwung (s.o.).
Bei jedem weiteren im Lehrgang vorkommenden Buchstaben sollten die Kinder mittels „Luftschreibübungen“ zeigen, dass sie die richtige Schreibrichtung verinnerlicht haben. Danach folgen die sog. Nachspurbuchstaben bei denen das Kind Hohlbuchstaben mit verschiedenen Buntstiften nachfährt. Anschließend erfolgt das Abschreiben von Buchstaben, Buchstabenverbindungen und Wörtern. Hat das Kind bereits mehrere Buchstaben erlernt, folgen kleine Abschreibtexte, die in das Schreibheft übertragen werden.
Das intensive Üben der Buchstabenverbindungen und das Einhalten der Details führen zu einer eindeutig lesbaren Handschrift.
Natürlich erkennen wir bereits im Schreiblernprozess unterschiedliche Begabungen, aber durch Lob und Anerkennung motivieren wir die Kinder zum Erwerb einer möglichst schönen Handschrift.
Über den Schreibschriftlehrgang hinaus werden die Kinder immer wieder angehalten, auf Schönschrift Wert zu legen. Die klar gegliederte und schöne Handschrift unterstreicht den guten Inhalt eines Textes. Darüber hinaus ist eine Lesbarkeit gegeben, die das Lesen der Schrift durch andere, aber auch der eigenen zur Überarbeitung eines Textes erst ermöglicht.